Tag 54 - the trail provides

Heute kommt es darauf an - ich verzichte auf Schmerzmittel und möchte die knapp 2 KM bergab zur Katadhin Ironworks Road Testen, ob ich einigermaßen schmerzfrei laufen kann. Wenn nicht, dann hoffe ich, dass an dieser Straße gegen Mittag ein “Food drop” stattfindet und ich mit dem Fahrer zurück nach Monson fahren kann. Es macht keinen Sinn hier in dieser Abgeschiedenheit mit Schmerzen weiter auf dem AT zu wandern. Die nächsten 7 Tage hat man kaum Handyempfang und nur 2 Straßen, die dann auch nur teilweise befahren werden.

Also - Zelt packen und los. Knapp 1,5 Stunden später habe ich die Gewissheit, dass mein AT Abenteuer 2022 hier endet. 

Bereits nach 20 Minuten muss ich pausieren und eine Schmerztablette nehmen (Ich hatte auch nur 6 eingepackt), obwohl es nicht einmal super steil bergab ging.

An der holperigen Straße angekommen, wartete dort bereits ein junges Pärchen, das zurück nach Monson wollte und auch schon eine Abholung vereinbart hatte. Wir warteten zusammen 2 Stunden, dann kam “Buddy” von Shaw’s Hostel und fuhr uns eine Stunde zurück nach Monson. Glück gehabt - oder wie man hier sagt: “the trail provides”. Der Trail gibt dir das, was du brauchst … mal abgesehen von bescheidenen Knieschmerzen. 

Buddy fragte dann nur: “das linke Knie? Ich hab gestern schon zwei Hiker mit lädiertem linken Knie abgeholt “… Ok. 

Bei Shaw’s freuten sich dann alle, mich wieder zusehen, aber bedauerten das verfrühte Ende meines Trips. Ich traf dort auch Go-Go wieder, einen jungen amerikanischen Southbounder, mit dem ich mich am Mittwoch länger unterhalten habe, als er mir entgegen kam. 

Und zu meiner totalen Überraschung war “Crunch” aus der Schweiz da, den ich vor wenigen Wochen noch in Pennsylvania getroffen hatte - der Typ fliegt über den Trail. Aber will es auch endlich hinter sich bringen, er hat auch genug von dem ständigen Hoch und Runter - besonders New Hampshire hat ihn zu schaffen gemacht. “5 Tage noch - dann bin ich fertig und habe meine Triple Crown”. Ok, ich hatte 10 Tage geplant für den restlichen Trail - da sieht man mal. 

“It is what it is”. Ich habe Shiloh geschrieben und er kommt mit Lisa seiner Freundin, die gerade zu Besuch ist, und holt mich in Monson ab. Ich konnte meinen Rückflug nach Deutschland vorverlegen und werde bereits am Montag wieder in Deutschland sein. Schneller und anders als erwartet - aber: that’s life!

Ok - hier also endet mein AT Abenteuer. Der AT war genauso beschwerlich wie ich ihn erwartet hatte, physisch fordernd und doch beeindruckend. Ich habe viele tolle Leute getroffen und interessante Gespräche geführt. Man lernt nie aus, wenn man nicht will. Es ist nicht ausgeschlossen, dass zurück an die Ostküste komme und den AT weiter zu wandern oder gar einen Thruhike zu unternehmen - das geht ja auch über mehrere Jahre hinweg. 

 

We’ll see - bis dann, und danke für’s Dabeisein!