Tag 17 - nichts besonderes

Na toll, in der Nacht hat es so gewindet, dass ich kaum schlafen konnte - und pünktlich zum Beginn der Wanderung war der Wind weg. Es wurde wieder heiß heute und meine Motivation ziemlich im A….rgen.

Grüh morgens passierte ich den 1200 Miles Marker - bestimmt ein tolles Gefühl, für all die Thruhiker, die im Februar und März in Georgia gestartet sind!

Die Strecke heute zwar ziemlich unspektakulär, soweit ich dass aus dem tiefen Wald heraus beurteilen kann - aber dafür traf ich wieder ein paar interessante Typen. Zwei davon kurz Mittag auf einer Campsite direkt am Trail. Die beiden Polizisten aus Pensylvania (einer in Ruhestand und der andere mit noch 5 Jahren im Dienst) hiken jedes Jahr eine andere Sektion des AT … dieses mal quasi in ihrem Hinterzimmer, für 10 Tage. Sie interessieren sich sehr für den Camino Santiago, dem Jakobsweg, und ich gebe ihnen einen kurzen Einblick. Viele amerikanische Wanderer hier möchten unbedingt den Camino gehen - ich kann das  sehr gut verstehen. 

Zwei Wasserstellen weiter treffe ich auf die Truhikerin „Ladyslippers“ die auch in Harpers Ferry gestartet ist und nach erreichen des Northern Terminus wieder dahin zurückfährt, um dann den Südlichen Teil es AT zulaufen - das nennt man Flip-Flop. Gern geschehen, keine Ursache.

Außerdem waren noch „Fresh Air“ und „Coco-Bear“ an der Wasserstelle, mit ihrem Hund. 

Ich ging als erster weiter und wir übernachten heute alle beim „Eagle Nest Shelter“, für mich waren das 15 Meilen - und genug. Wenige hundert Meter vor dem Trail traf ich dann wieder auf ein klappendes Ungetüm - das nicht aus dem Weg gehen wollte. Also wich ich ein bisschen zurück und gab der Schlange Zeit sich etwas zurückzuziehen. Schocker - das Teil war locker 180 cm … 

Eigentlich haben wir heute alle stehen erwartet, aber so wie es aussieht kommt der erst heute Nacht - ich hoffe am Morgen ist er vorbei und kann dann die restlichen 9 Meilen (3 Stunden) nach Port Clinton / Hamburg (!!) laufen. 

 

Ui - es donnert schon!

 



Tag 18 - Port Clinton / Hamburg

Man, das das gewittert in der Nacht - alles rund rum war nass, man konnte genau sehen, wo mein Zelt stand. 7:07 Uhr ging es auf den Trail - und es sollte doch fast 5 Stunden dauern, bis ich am Tagesziel angekommen war. 

Zunächst kam ich mir vor wie im Regenwald, weil alles rundherum grün, feucht war und dampfte. Dann gab es die üblichen Fels-Sektionen und am Ende einen der heftigsten Abstiege, die es wohl auf dem AT gibt. Lang und steil ist gar kein Ausdruck. Unglaublich.

Im kleinen Örtchen „Port Clinton“, einem Vorort von Hamburg, steht ein großer hölzerner Pavilion, in dem eine kleine Kirchengemeinde Pilger gegen eine „Spende“ von 10$ Übernachten lässt. Außer einem Dixi-Klo ist da aber sonst nix, kein Strom, kein Wasser - nicht mal Mülltonnen! Und die Nachbarn sind nicht sehr hikerfreundlich …

In dem Pavillon traf ich Jeffrey (den Bigfoot von letzter Woche und Rusty wieder. 

Egal, „Cabela‘s“ ein großer Outdoorladen fährt Hiker von dort viermal am Tag mit einem Shuttlebus nach Hamburg (keine 10 Minuten) - und dort neben dem Laden gibt es auch Fastfoodlokale, Walmart und einen Aldi. Also nix wie hin … einen Burger und einige Liter Limonade später ging es dann mit dem Shuttle wieder zurück. 

Mit im Shuttle saßen „Circle“ eine junge Thruhikerin und „Electric Tootbrush“, ein nicht ganz so junger Flip-Floper …

Ich ging mit Rusty und Jeffrey noch in eine Bar und wir hatten Pommes und Bier - Rusty ist danach noch gegen 19:00 wieder auf den Trail … Circles und ich zelten auf der Wiese gegenüber des Pavillons - „ET“ (electric toothbrush ist mir zu lang, und ihm gefällt das) schlafen auf dem Boden im Pavilion.

 

P.S: Ratet mal, was ET heute per Post aus seinem Rucksack nach Hause geschickt hat? 


Tag 19 - Entscheidungstag

Camping war gut - nur den Platz etwas laut, Autoverkehr auf der Schnellstrasse …

Ich bin um 7:30 Uhr los, ET war schon weg, aber ich überholte ihn dann auf dem Anstieg raus aus Port Clinton. Die erste Hälfte des Tages ging es ziemlich bergauf, mittags entschädigte uns (Rusty und mich) dafür eine herrliche Aussicht von „Dans Pulpit“. Ein kleines Felsplateau auf dem auch eine kleine Radaranlage steht. Dort traf ich auch das Ehepaar „Hotfoot“ und „Carefree“ wieder, die ich gestern in der Bar kennengelernt habe - beide im Ruhestand und sectionhiking, Hotfoot hat mal für ein Jahr in Roding bei München gearbeitet. 

Unterwegs kam mir dann noch ein Hiker entgegen, der 4 Jahre in der Army in Deutschland verbracht hat, in den 80ern … Sachen gibt’s. 

Ich bin heute 17 Meilen zum Eckville Shelter gelaufen, das Shelter selbst ist eigentlich nur eine kleine Baracke neben dem Haus des „Caretakers“ (Hausmeister) … allerdings gibt es da einen Rasenplatz für gut und gerne ein Dutzend Zelte. Rasen - barfuß laufen - Wahnsinn!!! 

Dort traf ich dann auch Neil wieder und später trafen auch noch Carefree mit Hotfoot ein. Eine illustrere Gesellschaft.

Nachdem mir Shiloh letzte Woche Bescheid gegeben hat, dass er mich diesen Sonntag am Trail treffen möchte, habe ich beschlossen, dass ich bis dahin nur noch knapp 15 Meilen gehen werde - und Shiloh mich dann mitnimmt weiter nach Norden. Ich schenke mir die letzten 100 km Rocksylvania und werde die lustigen Steinhaufen überspringen… ich wandere dann in New Jersey weiter.

Stealth, der kanadische Hiker ist mittlerweile 2 Tage voraus und hat mir geschrieben, dass die deutsche Wanderin „no steps“ in dieser letzten Sektion gestürzt ist, und sich arg verletzt hat - wahrscheinlich muss sie ihren Thruhike beenden. Auch Stealth selbst ist (nach dem stehen) mehrfach ausgerutscht und gefallen. Brauch ich irgendwie nicht - ich bin ja auf Urlaub hier!

Außerdem ist diese Woche ein junger holländischer  Hiker auf dem AT ums Leben gekommen. Sein Trailname war „Grandmaster“, weil er ein Schachspiel bei sich trug. Er saß an einem dem berühmtesten Aussichtspunkte des AT, dem McAfee Knob und frühstückte, als er scheinbar das Bewusstsein verlor und nach vorne kippte - 50 Meter in die Tiefe. Ein schreckliches Unglück.

Aufpassen Leute, wir haben alle nur zwei Leben - und das zweite beginnt, wenn uns klar wird, dass wir nur eines haben …


Tag 20 - More Rocks

Ecksville Shelter war wirklich cool, nette Leute kennengelernt - und ausgeschlafen. Der Caretaker war übrigens bei der Army in Darmstadt stationiert. Weil ich morgen Shiloh treffe, muss ich heute nur knapp 15 km zum nächsten Shelter laufen, also bin ich erst um 9:30 Uhr auf den Trail. Aber die sind ziemlich mühsam, viele Stein-Felder, über die man quasi von Stein zu Stein balanciert, ohne den eigentlichen Boden zu berühren. Aber alle Steine sind unterschiedlich groß, unterschiedlich geformt und unterschiedlich hoch - mühsam. Das bremst das Tempo und die Motivation. 

Der Allentown Hiking Club Shelter ist relativ neu, hat leider nicht sehr viele flache Campsites aber eine selbstkompostierende Toilette … yummy!

Wetter ist jetzt besser - nicht mehr so heiß, noch so 25 Grad und zwischendurch windig. 

Am Shelter traf ich „Ghost“ aus California und „Crunch“ aus der Schweiz. Crunch macht mit dem AT deinen dritten großen US-Trail klar und wird somit zum „Tripple Crowner“.

Die beiden laufen noch 5 Meilen zur Thunderhead Lodge, auf ein Bier. Ich lasse hier den Tag ausklingen und treffe mich dort morgen mit Shiloh. Und dann wird die weitere Strategie festgelegt.