Tag 53 - ups and downs

Wie so oft auf dem AT gilt es vor dem Frühstück erst mal einen Berg zu erklimmen. Heute ist es der Barren Mountain, es geht ziemlich steil über 700 Höhenmeter hinauf, aber die Ausblicke entschädigen für jeden Fluch und jeden Tropfen Schweiß.

Insgesamt gilt es heute 4-5 Gipfel der “Chairback Mountains” zu erobern, meist über steinige Treppen oder einfach über große Steine. Am Nachmittag treffe ich an eben so einem Anstieg auf ein Team von Freiwilligen, die den Trail instandsetzen “Trail Maintance”. Sie sind gerade dabei einen steilen Anstieg zu entschärfen und weitere einzelne Steinstufen einzufügen. 

Eine Freiwillige bemerkt meine am Rucksack baumelnde Jakobsmuschel und fragt, ob ich den Camino gelaufen sei. Sie macht über 10 Jahren mehrereWochen pro Jahr Dienst als “Hospitalera”, als freiwillige Herbergsmutter in verschiedenen Pilgerunterkünften auf dem Camino. Ausserdem hat sie einige Jahre in München studiert - und nach noch etwas Deutsch. Einige Felsstufen weiter begrüßte mich ein anderer Arbeiter mit “Gute Reise mein Freund”, auch dieses Crewmitglied hatte mehrere Jahre in Deutschland und Österreich gearbeitet. 

Diese Leute machen einen unglaublichen Job, mit Stangen, Schaufeln und Seilzügen bewaffnet, bereiten sie den Trail und machen ihn sicherer und leichter begehbar für die Wanderer  - in ihrer Freizeit. Nicht dass der AT irgendwie sicher und leicht begehbar wäre - für deutsche Verhältnisse, hier würde sowas nie und nimmer als offizieller Wanderweg anerkannt oder beworben!

Egal - es ging auf und ab, und beim “ab” fing mein Knie wieder an zu schmerzen- aber diesmal so richtig. Bei jedem Schritt fühlte es sich an, als bekäme ich ein Messer in die Seite des linken Knies. Es ging ständig bergab, also konnte ich mir dieses Mal den Schmerz auch nicht “rauslaufen” - schließlich wurde er so stark, dass mir fast schwindlig wurde und ich mit setzte und eine Ibuprofen zu mir nahm … meine erste auf dem Trail. Nach einer 20 minütigen Pause ging es etwas besser und ich konnte den letzten Anstieg in Angriff nehmen. Und auch der abschließende gruselige Abstieg über einen “Rockslide”, ein Trümmerfeld großer Felsbrocken klappte ganz gut. Aber schließlich ließ wohl die Wirkung des Schmerzmittels nach und das Knie meldete sich wieder. Nach einer erneuten Pillen-Pause ging ich noch 20 Minuten, bis ich einen geeigneten Platz für mein Zelt fand und legte mich komplett fertig schlafen. Ich wollte abwarten, wie sich mein Knie am nächsten Morgen anfühlte  und dann entscheiden, wie es weiter geht. Denn hier in der Wilderness ist man ziemlich abgeschottet, man hat kaum Telefonempfang und es gibt nur ein paar einzelne Forststrassen, die befahrbar sind.