Tag 59

Ein Tag voller (Miss)Verständnisse.je näher das Wasser:

  • desto feuchter die Luft
  • desto nasser das Zelt
  • desto länger die Trockenzeit

Warum in aller Welt steh ich dann um sechs auf, wenn ich erst um acht loskomme? Und das alles ohne SAT1 Frühstücksfernsehen …

Und wenn dir jemand sagt, nimm die Alternativroute über den Fluss, da musst du nur durch knietiefes Wasser – dann geh nicht die normale Route, wo das Wasser hüfttief ist und du dann umkehrst und doch die Alternativroute nimmst ... *facepalm*

Eigentlich wollte ich heute nur 15 Meilen bis kurz vor den Seldon Pass gehen, also machte es mir nix aus, erst spät auf der Piste zu sein. Irgendwie schubste ich dann aber bei der letzten Flussüberquerung alle inneren und äußeren Schweinehunde vom Baumstamm und überquerte kurz nach 17.00 Uhr den Pass. 

Welch ein Blick auf Marie Lake – wie eine Postkarte! Ein guter Tag.

Außerdem gab mir „Woodsmoke“ Reis und Mashed Potatoes aus seiner Hikerbox-Ausbeute von der Muir Ranch ab, so dass ich mir den Abstecher nach VVR (Vermillion Valley Resort) sparen kann und direkt nach Mammoth Lake weitergehen werde. 

Das waren heute fast 20 Meilen, der Pass war (wie erwartet) nicht so anstrengend, aber ich bin froh, dass ich ihn schon heute hinter mich gebracht habe.

Ach ja – ist der 3. Juli der Internationale Tag der Zahnärzte?? Drei Brücken heute – der Wahnsinn!

Tag 58

Kurz vor 7 Uhr Abmarsch Richtung Muir Pass. Ein stetiger Anstieg durch ein tolles Tal entlang eines reißenden Flusses – wonderful. Es ging immer weiter hinein in die Bergwelt. Je höher ich kam, desto mehr Schneefelder musste ich überqueren – der Schnee war schon weich, was es einerseits einfacher aber auch gefährlicher machte. Aber es ging alles glatt – im Schnee. Bei der letzten Flussüberquerung hat es mich dann erwischt – wie 50x zuvor, von Stein zu Stein über den Fluss balancierend, verlor ich das Gleichgewicht und musste rückwärts versuchen Halt zu finden, aber da war nur Wasser. Mit meinen Stöcken konnte ich einen kompletten Sturz vermeiden, so blieb es bei nassen Schuhen, einem verbogenen Stock und einer Schürfwunde am linken Schienbein. Glück gehabt!

Zwischenzeitlich war es ein mulmiges Gefühl über die Schneefelder zu laufen - von Zeit zu Zeit waren da Löcher zu sehen und mann konnte das darunter fließende Wasser sehen ... man lief quasi oftmals auf einer Art Schneebrücke - und hoffte, dass die Oberfläche hält! Dann ging es schließlich ein letztes Schneefeld steil bergauf und da war sie, die bekannte „Muir Hut“ – die Hütte auf dem Muir Pass. Erbaut als Schutzhütte, komplett aus Stein – mit einer imposanten Dachkonstruktion.

Vor der Hütte ließ ich erst mal meine Schuhe und Socken trocken und musste meinen Rucksack vor einem neugierigen Marmot beschützen.

Wie der Aufstieg auch, war der Abstieg zweigeteilt: der erste Teil ging über Schnee und Felsen vorbei an mehreren Gebirgsseen, oberhalb der Baumgrenze – eigentlich ziemlich öde. Desweiteren musste ich gefühlte 27 Schneefelder durchwaten und zahllose Ströme von Schmelzwasser überqueren. Was in der Wüste zu wenig an Wasser war, gab es hier zuviel.

Der zweite Teil war wieder mal sensationell – vorbei an bewaldeten Seen, steil hinunter an bewaldeten Berghängen entlang in ein grünes Tal. Ich habe wieder einen genialen Platz für mein Zelt gefunden, an einer freien, flachen Stelle direkt am Evolution Creek. Das gleichmäßig tosende Gewässer beruhigt scheinbar – ich kann an Flüssen zumindest immer gut schlafen – aber bei mir rauscht es ja sowieso immer im Ohr.

Tag 57

Verabschiede mich von meinem Traumcampingspot und laufe um kurz nach 7 Uhr los Richtung Berge. Um 8.22 Uhr stehe ich am Fuße desselben und blicke nach oben – man das wird anstrengend …Aber nach schweißtreibenden und kurzatmigen 25 Minuten habe ich den Mather Pass erreicht. 

Der Aufstieg war der leichteste bisher – aber dafür hatte es der Abstieg auf der Nordseite in sich! Die Seite lag noch total im Schatten und ich hatte 5-6 Schneefelder zu überqueren, die alle nach unten führten und total vereist waren. Der Schnee war steinhart, da war nix mit Fußspitze oder Hacke in den Schnee rammen um einen sicheren Stand zu haben – ich musste vorsichtig und langsam in die bestehenden Fußspuren treten und mit den Stöcken halt suchen … scary.
Danach ging es über 4.400 ft. bergab – mir taten die Hiker leid, die mir entgegenkamen … aber morgen geht es genau andersrum. 

Ich bin bis Meile 832 gelaufen (18 Meilen) und habe morgen Vormittag knapp über 6 Meilen vor mir bis zum Muir Pass – und der soll es in sich haben. Einige Schneefelder auf der Südseite – also kann es nicht schaden sich erst etwas später an den Aufstieg zu machen … nicht dass es wieder zu eisig wird.

Ich campe mit Yoda, Zuul, Woodsmoke und Jamie (Cowboy) aus Irland (!!) – und ein Reh stolziert mitten durch unser Camp – es lässt sich gar nicht stören von uns – warum auch, ist ja wahrscheinlich sein Revier.

Muir Pass ist der wohl „anstrengendste“ Pass den ich vor mir habe, danach kommt noch der Seldon Pass und der Silver Pass – und dann bin ich wieder in der Zivilisation … zumindest für ein paar Tage.

Tag 56

6 Meilen bis zum Gipfel – das kann dauern. Immerhin war die Landschaft wieder sehr schön. Zunächst ging es an einem reißenden Fluss entlang, an dessen Ufer Wälder standen in denen sogar Farn wuchs … hatte ich bis heute nicht gesehen auf dem PCT. Dann stand plötzlich 4 Meter von mir entfernt ein großes Reh und frühstückte in aller Seelenruhe. Es ließ sich von mir gar nicht stören. Später erzählte mir „Curious- George“, dass er in der Früh ein Reh gesehen hatte, dass direkt an meinem Zelt vorbeiging. Wahrscheinlich auf der Suche nach den versalzenen Griffen von Wanderstöcken … deshalb nehm ich meine immer mit ins Zelt.

Der Weg bis zum Berg war anstrengengend, der Pass selbst war dann über felsige Switchbacks ziemlich schnell erreicht. Oben am Pinchot Pass gab es dann ein kleines Plateau auf dem mehrere Hiker Pause machten. Unter anderem auch „Woodsmoke“ der mittlerweile mit meinem abgelegten Exped Rucksack läuft – er ist zufrieden damit. 

Desweiteren hab ich noch „Moonshine“ und „Handsome“ kennengelernt, die den PCT mit ihrem Hund laufen. 

Die Aussicht vom Pinchot Pass war wieder traumhaft, der Abstieg problemlos – und nach zahllosen Flussüberquerungen (über Steine oder Baumstämme) campiere ich heute nur 1,9 Meilen vor dem Mather Pass, dem wohl „leichtesten“ der Sierra Pässe. Mein Zelt steht auf einer kleinen Anhöhe nahe eines Baches und ist von allen Seiten her von Bergen umgeben – ein Traum.

Ich lasse die Socken und Schuhe in der Abendsonne trocknen (immer kommt man halt nicht trockenen Fußes über den Fluss) – esse wieder mal Kartoffelpürre mit Hartwursteinlage (summer sausage) und genieße den Ausblick aus meinem Zelt.

Übermorgen kommt dann der wohl schwierigste Pass an die Reihe – der Muir Pass. Der ist wohl ganz schön steil – und es soll noch viel Schnee dort liegen. 

Bisher ist unsere Taktik mit dem „nicht zu früh in die Sierras“ sehr gut aufgegangen – oder wie Shilo immer sagte: „We made some really good decision so far“.