Tag 79

Ok – der Plan war 25 Meilen zu gehen, um am Sonntag nur noch 6 Meilen nach Bucks Lake zu haben, um schließlich nach Quincy zu hitchen. Aber das Gute an Plänen ist – sie lassen sich ändern!

Zunächst war es recht angenehm, da der Trail meist im Wald verlief, es gab zwar nicht immer Wasser wie in den letzten Tagen, aber die Stops ließen sich planen. Ich traf Suds, Pancakes und die beiden Koreaner Sun und Jam mehrmals an den diversen Wasserstellen. Ab Mittag wurde es dann richtig heiß und „schwitzig“. Heute war Meilenstein-Tag: erst gab es die Mile 1234,5 und dann noch KM 2.000!

Gegen 17 Uhr war ich dann nur noch gut 3 Meilen von der Straße nach Bucks Lake entfernt, und ich dachte mir, ok – lauf dahin und sieh ob du einen Hitch bekommst, entweder nach Bucks Lake oder gleich nach Quincy!

Gesagt – getan: an der Strasse traf ich dann die beiden Koreaner wieder, die ebenfalls zur Bucks Lake Lodge wollten – einem Restaurant mit Cabins zum Mieten. Nach 15 Minuten hielt Jason mit seinem Pickup, wir sprangen alle 3 hinten rauf und durften uns aus seiner Kühlbox bedienen – Bud light für alle!

Jason ließ uns dann an der Lodge raus und gab jedem noch ein Bier mit auf den Weg. Sun und Jam gingen in die Lodge, wo jeder Truhiker ein Bier umsonst bekommt! Ich stellte mich gleich auf die andere Straßenseite, zu zwei Cabins, und versuchte mein Glück als Anhalter – es war ja erst kurz vor 19 Uhr.

Als ich da so stand und wartete, kam gerade die Familie, welche die eine Cabin über das Wochenende gemietet hatte, zurück vom See. Kurzer Smalltalk  ("oh - you are from Germany?") und schon brachte mir John ein kühles Bier aus dem Kühlschrank! 

Danach gingen er, seine Frau Jennifer und seine Tochter Dylan in die Lodge eine Party Pool zu spielen … und ich stand weiterhin da, aber keines der Autos auf der wenig befahrenen Straße hielt an. 

Nach einiger Zeit kam Dave, der Mieter der zweiten Cabin, und brachte mir ein kaltes Bier (häh??) wir unterhielten uns prächtig und dann brachte er mir noch einen Teller mit gegrillten Hühnchen und Kartoffelsalat, weil er und seine Familie gerade am Grillen waren. Der Wahnsinn. 

Mittlerweile war es schon 20 Uhr und ich gab mir noch eine halbe Stunde, bevor ich das mit dem Hitchen vergessen wollte. Ich hatte gerade gespeist (im Stehen, an der Straße), da kamen John und seine Familie zurück aus der Lodge und John bot mir an, dass ich auf der Rückbank seines Pickups übernachten könne – das sei doch besser als irgendwo mein Zelt aufzuschlagen. Er machte sich sofort daran dort Platz zu schaffen – bevor er sich anschickte mir noch ein kaltes Bier zu holen …. und dann – plötzlich und unerwartet – hielt Debbie an, und bot mir an mich nach Quincy mitzunehmen, da sie ja eh schon zwei andere (Sektion)Hiker im Auto hatte. Also musste ich mich ohne weiteres Bier von den super netten Amis verabschieden und stieg fast schweren Herzens in das Auto nach Quincy. Debbie fuhr die beiden Hiker aus Oregon genau zu dem Motel, in dem auch Shiloh abgestiegen war. Das passte perfekt, und so ging ich mit meinem "long lost friend" noch kurz in der Sportsbar etwas essen und dann konnte ich bei Shiloh im Einzelzimmer auf dem Boden nächtigen. Morgen beziehen wir dann (wie geplant) ein Doppelzimmer.

Die 31 Meilen an diesem Tag hatten sich definitiv gelohnt – und diese unglaubliche Freundlichkeit und Offenheit der Leute (fremden) Hikern gegenüber, ist einfach unbeschreiblich … only in America.

Tag 78

Ausgeschlafen und überraschend fit startete ich als Erster der Partybelegschaft um 6:15 Uhr in den Tag. Ich machte „10 by 10“ – also 10 Meilen bis 10 Uhr – das ließ sich gut an. Es war ein richtiger Jo-Jo Tag, immer auf und ab – nicht extrem aber stetig. Ohne besonderen Vorkommnisse absolvierte ich 26 Meilen und campte bei Meile 1233. Zur Abzweigung „Bucks Lake Road“, von der ich nach Quincy trampen werde sind es noch 31 Meilen – und dafür habe ich zwei Tage Zeit. Ich werde versuchen mich am Sonntag möglichst mittags schon mit Shiloh zu treffen um Proviant einzukaufen, in den USA haben die Supermärkte ja jeden Tag geöffnet.

Am Montag geht es dann zur Post, ich habe ein Paar neue Socken (Darn Tough) und neue Innensohlen dorthin bestellt.

Apropos Socken: Darn Tough bietet ja eine lebenslange Garantie auf ihre Socken. Von den beiden Paaren die ich mir in Idyllwild gekauft hatte hatte nun mittlerweile jeweils ein Socken ein Loch in der Sohle – also hab ich mich per Mail an den Kundendienst gewandt und bekomme diese beiden Paare nun in den nächsten 10 Tagen ersetzt. 

Sehr nice!

Tag 77

So, schnallt euch an Jungs und Mädels – das wird ein laaanger Text. Nach einer erholsamen Nacht ein ausgiebiges Frühstück im Red Moose Inn Café: Spiegeleier mit Speck, Country Potatoes und Toast. Dazu ein kaltes Glas Milch und Kaffee bis zum abwinken, so gehört sich das. Danach noch etwas mit dem Sohnemann chatten und Sachen packen. 

Nachdem Shiloh sich seine Füße mit den neuen Salomon Schuhen richtig versaut hat, Blasen und Schmerzen hat, wird er nach Quincy hitchhiken und sich dort einige Tage erholen und sich Altra Schuhe dahin schicken lassen. Ich werde also die knapp 65 Meilen allein in Angriff nehmen und ihn am Sonntag in Quincy treffen.

Gesagt getan – ich nahm ab Mittag den 3.000 ft. Anstieg in Angriff und Shilo reckte den Daumen nach oben. Gut erholt ging mir der Anstieg leicht von der Hand (vom Fuß?) – nach knapp 4 Stunden hatte ich 12 Meilen gemeistert und war guter Dinge noch einige Meilen zu gehen. 

Die Region um Sierra City beherbergt viele Seen und viele Campingmöglichkeiten, die direkt mit geländetauglichen Fahrzeugen angefahren werden können. Ich lief also so den PCT entlang und bewunderte die im Tal liegenden Seen, als mir plötzlich jemand von der Seite zurief:“do you want a cold one?“ Keine Frage – und ob ich wollte, und so setzte ich mich auf ein kühles Dosenbier zu Dan, Ryan und Lilly – 3 lustigen Typen aus der Gegend von Lake Tahoe, die am Wochenende an einem Electronic Music Festival ganz in der Nähe teilnehmen (Belden). Vorher, haben sie beschlossen, campen sie nahe des Deer Lakes, direkt am PCT, und versorgen die Truhiker mit Bier und grilled cheese. 

Darts und Lost Boy waren schon da und ich gesellte mich zu Ihnen. Es kamen noch Pancake, Baba, Sean, Suds, Tarzan und Sun – und nach knapp zwei Stunden war Dans Sorge, dass sie womöglich auf den 45 Bier und den Toasts mit Käse sitzen bleiben, genauso fort, wie eben diese leckeren Sachen. 

Es war sehr lustig, die 3 sind allesamt Hobbymusiker und gaben mit Gitarre, Banjo und Mandoline einige Songs zum Besten. Darts und Tarzan wollten noch etwas weiter gehen, Sun, Pancake und Suds hauten sich aufs Ohr und wir anderen bauten um 19:00 Uhr an Ort und Stelle unsere Zelte auf – zumal sich Pete, ein Freund der 3 angesagt hatte – mit weiterer Verpflegung. So wurde es ein richtig zünftiger Abend mit Livemusik, Dosenbier, Chips, Salsa-Dips und Sonnenunter- bzw. Mondaufgang. Die 3 Jungs sind auch richtige Soccerfans und waren sowohl bei der WM in Südafrika als auch Brasilien live dabei – und Russland 2018 ist geplant! Wir hatten alle sehr viel Spaß – und Baba, Sean und ich gingen um Mitternacht ins Bett, während unsere musikalischen Gönner noch etwas jammten.

Trailmagic vom Allerfeinsten – a night to remember!

Wieviel kalorienreiche Kaltgetränke ich genau gehabt habe, darf ich nicht sagen … meine Mutter liest mit ;-)

Tag 76

Der Weg hierher war nicht so anstrengend wie die Tage zuvor – obwohl, 1,5 Stunden am Stück bergab gehen strengt auch an, vor allem, weil du bei jedem Schritt konzentriert sein musst. Der Trail ist meist nur 40 cm breit und geht oftmals über Stock und Stein … und auf einer Seite geht es ziemlich tief runter. 

Wir haben hier unsere Lebensmittelvorräte ergänzt, so dass wir nun in 3,5 Tagen in Quincy einlaufen können – eine kleine Stadt mit allem was man so braucht (Motel, Wäscherei, Supermarkt, Postamt).

Außerdem haben wir den sagenumwobenen Gutbuster-Burger (500 gr Fleisch) probiert – lecker! und den vielgelobten Vanilleshake – auch sehr empfehlenswert!

Im Generalstore gab es für mich heute noch eine richtige Schrecksekunde: an der Kasse hat es hinter mir Shiloh einfach umgehauen. Er ist einfach nach hinten umgefallen – Peng.

Wahrscheinlich hatte er bei all der Anstrengung zu wenig getrunken, da ist er mit samt seinem Kreislauf zusammengebrochen. Nach ein paar Minuten ging’s ihm wieder gut – und die Aufregung war vorbei.

Und den heutigen Abstieg werden wir natürlich morgen wieder kompensieren (müssen) – es geht gleich nach der Stadtgrenze über 3.000 ft. nach oben.