Tag 8 - back on trail

Back on trail - was für ein Tag. Martin, der selbe Uber-Fahrer wie gestern, brachte mich nach einem schmalen Frühstück im Motel zurück zum Trailhead. Um 8:40 Uhr war ich wieder auf der Piste. Der erste Anstieg verging wie im Flug - ob das nun am Frühstück, ab der gestrigen Pizza, am Ausgeschlafen sein oder an den abgekühlten Temperaturen lag - wer weiß. Aber irgendwie gingen mir die heuten 27 km leicht von der Hand. Und vom Fuss.

Vormittags traf ich American-Schwäbisch-Gmünder Paar wieder „twizzler“ und „big chief“, auch sie hatten die Hitze in Chambersburg abgewartet. Und als wir so zu dritt am Trail standen und redeten, kamen auch noch Barry & Kathrin dazu - natürlich wieder von Nord nach Süd unterwegs … auch sie hatten das Wochenende gefaulenzt. Gute Strategie!

Etwas später traf ich dann „eastwind“ - von ihm hatte ich schon an diversen Lagerfeuern der letzten Woche gehört. Eastwind ist 83 Jahre alt und ist nach 2010 auf seinem zweiten AT-Thruhike!! Unglaublich oder? Er sagt, er geht jeden Tag soweit wie er halt kommt … meist 5-8 Meilen, immer in seinem Tempo, in seinen Wandersandalen. 83 - verrückt oder? Er hat meinen tiefsten Respekt.

Kurz darauf überholte mich wieder eines dieser dünnen, durchtrainierten kleinen Mädels mit großem Rucksack - zisch, weg war sie. Aber an nächster Shelter machte die Mittagspause und wir kamen ins Gespräch. „Fromage“ ist aus Montreal und seit März auf dem Trail, heute knackt sie den Halfwaypoint und die 1.100 Meilen-Marke. Und im nächsten Jahr geht sie für ein Jahr nach Frankreich. Ich hab sie gleich überredet den Camino zu gehen ! 

Rudolf - der Freund von twizzler und big chief war auch bei diesem Shelter und wartete dort auf seine Freunde - die dann auch gleich kamen.

Ich machte mich wieder auf den Weg und um knapp 16:00 Uhr erreichte ich den „Toms Run Shelter“ und baute bei leicht tröpfelndem Regen mein Zelt auf. 

Überraschenderweise tauchen auch die 3 vorgenannten dort auf, denn eigentlich wollten die gar nicht mehr so weit gehen. 

Ich habe ihnen noch kurz gezeigt, wie man trotz feuchtem Holz ein Lagerfeuer macht - „German Engineering” …

Und wenn ihr brav seid, erzähle ich euch morgen etwas über das 3 Meilen entfernte, direkt am Trail gelegene “Ironmasters Mansion Hostel” und die “half gallon ice cream challenge”.

Nacht- Nacht.

 

Tag 9 - Abschied

Die Nacht im Zelt war frisch - die Temperatur ist untertags gefühlt auf 16-17 Grad gefallen. Zum laufen ist das OK, aber ansonsten eher frisch.

Nach knapp einer Stunde kam ich dann an der Manson und dem Laden mit der “ice cream challenge” an … Auf den Trails in den USA gibt es ja die unterschiedlichsten (manchmal auch einfach dummen) Challenges: meist geht es darum lang zu laufen oder viel zu essen. 

Also mir war es heute ehrlich gesagt zu früh und zu kalt, um 2 Liter Eis zu essen … nicht, dass ich das nicht im Sommer nicht manchmal täte …. 

“Morgan Freeman” - der Hiker sieht wirklich so aus - zog sich bei seinem zweiter Liter Eis zumindest mal die Daunenjacke an ?

Hier hieß es Abschied nehmen von Rudolf, der wieder nachhause nach Michigan fährt, ihm war der Trail zu viel - er erzählte den ganzen letzten Tag nur davon, was er zu Hause alles essen wird und von Twizzler und Big Chief - die beiden fahren ein paar Meilen voraus und laufen mir dann quasi entgegen. Die beiden (aus Florida) treffe ich also evtl. nochmal!

Ansonsten traf ich heute nur ein paar Dayhiker - und um 16:30 baute ich mein Zelt an einem Bach auf. 

Auch heute waren es wieder about 16 miles/26 km. Hier werden die Abstände zwischen den Sheltern langsam größer.

 

Tag 10 - Felsen und Felder

 Heute früh sah das Wetter gleich wieder besser aus - die Sonne schien durch die Bäume auf mein Zelt. Ich kam langsam in Gänge heute, und zu Beginn ging es über zwei richtige Felsformationen (Real Boulders) - da war klettern angesagt, hoch und runter über große Felsbrocken. 
 
Nach langen 9 Kilometern, kurz vor der Ortschaft Boiling Springs, durch die der AT direkt verläuft, traf ich auf „Stealth“, einem Thruhiker aus Quebec. 
 
Wir liefen zusammen aus dem Wald über offene Felder (sehr rar) nach Boiling Springs. Stealth brauchte neue Schuhe ich was zu trinken. Wir hatten dann noch eine Pizza „mit allem“ zusammen und ich ging dann weiter. Die nächsten Meilen sehr flach und es gab keine Zeltplätze oder Shelter. 
 

An der Kreuzung zur nächsten Stadt (Carlisle) holte mit Stealth ein und wir beschlossen uns einen Motelroom zu teilen - wir brauchten beide eine Dusche. Das Motel 8 liegt nur ein paar Gehminuten vom Trail, ist günstig und bietet ein Frühstück! 

Unverhofft kommt oft auf dem AT …

 

Tag 11 - Heute: mit Aussicht

Um 8:30 Uhr ging es vom Motel wieder zu Fuß auf den Trail, Stealth ist schon vorher gestartet. Zuerst ging es flach durch Felder Richtung „bewaldete Erhöhung“ - ich weiß gar nicht, wie ich das anders nennen soll, Berge sind es ja nicht wirklich. Ich bewege mich ja hier meist zwischen 150m und 700m über dem Meeresspiegel. Das sind ganz andere Dimensionen als bei uns in den Alpen oder auf dem PCT. Aber es geht halt fast ständig auf und ab. 

Der Anstieg hatte es wieder in sich, und auf der anderen Seite schiebt es dir die Zehen bergab ganz nach vorn in die Schuhe. Autschn.

Aber: mein Körper gewöhnt sich langsam an die Steigungen, die erste Woche musste ich zwischendrin immer mal wieder den Rucksack absetzen und „verschnaufen“. Ja klar, nicht lachen - machen!

Auch heute kamen mir wieder Barry & Katherine entgegen - und wir haben ausgemacht, dass wir uns morgen treffen und ich mit Ihnen zum REI (Outdoorladen) nach Mechanicsburg fahre. Seit der Boulderbesteigung gestern sind in meiner Trekking-Hose auch noch die letzten Nähte geplatzt. Ist toll von der Belüftung her, aber wollt ihr nicht sehen! Wahrscheinlich schicke ich sie dann zu „The Northface“ - für ihr Museum. Die hatte ich ja 2016 schon auf dem PCT dabei ….

Außerdem werde ich mir dann gleich den Samstag freinehmen - hey, Championsleague Finale ?

Zurück zu heute: nach dem letzten Anstieg, es ging dann mal locker 2 Stunden flach auf der Anhöhe entlang, traf ich auch wieder auf Neil, er machte heute aber nur einen kurzen Tag und blieb im Shelter auf dem Trail, während ich noch 2 Stunden in die Kleinstadt Duncannon (PA) weiterlief. 

Der Weg oben durch den Wald war ja schon sehr anstrengend, wie auf Eiern läuft man andauernd auf unterschiedlich großen und verschieden geformten Steinen, die aus dem Waldboden zu wachsen scheinen.

Aber der Abstieg nach Duncannon toppte alles, ein steiler Pfad hinab über große Steinbrocken und Geröllabschnitten. Und immer alles ein Bein voraus nach unten und dann mit dem gesamten Gewicht hinterher auf das andere Bein. Wie mit einem Kadten Bier auf dem Buckel zwei Treppenstufen aufeinmsl nehmen (dass meine Kinder das auch verstehen). 

Der AT läuft dann direkt mitten durch diese kleine Stadt, es sind vieler Hiker zu sehen, viele Kirchen und viele Bestattungsunternehmen.

Ach ja Kirche: die Kirchengemeinde „Assembly of God“ in Duncannon bietet Hikern seit einigen Jahren kostenlos ein Dach über dem Kopf (im Keller der Kirchengemeinde) oder die Möglichkeit, ihr Zelt auf dem Rasen aufzustellen. Es gibt eine heisse Dusche und eine komplett ausgestattete Küche - und das alles „for free“, also gegen eine freiwillige Spende. Nachdem für Morgenstern ganzen Tag Regen und Gewitter angesagt ist, Quartiere ich mich gleich im Keller ein - da sind wir heute zu zweit.

Pastor Dennis Campbell ist ein toller Typ, ich hab ihn ein bisschen von der Gartenarbeit abgehalten - und dafür war er sehr dankbar.

Also morgen geht es nach Mechanicsburg und Harrisburg … ich halte euch auf dem Laufenden.

Und morgen erzähle ich euch die unglaubliche Geschichte, warum Leute auf dem Trail laufen und dabei lauthals „Thank you Gordon!“ schreien ….. dranbleiben!