Tag 112

Nach dem Frühstück („Continental Breakfast“) im Motel haben wir um 8:00 Uhr die Pakete zum UPS-Shop gegenüber gebracht und verschickt. Danach hat uns Trailangel „Uber Duckie“ zum Trailhead gefahren, von wo wir uns um kurz vor Zehn auf die Reise machten. Nach wenigen Metern trafen wir auf die Northbounder „Mama Lion“ und „Daniel Boone“, die am 22. März in Campo gestartet sind – Daniel Boone (Emerson) ist 9 Jahre alt und läuft den kompletten PCT! Wir sind dann den ganzen Tag mit Mutter und Sohn gelaufen. 

Nach zwei Meilen erreichten wir die 2.000 Meilen Markierung – wow, nur noch 650 Meilen zur kanadischen Grenze! Nur noch? Hab ich das gerade gesagt? Das ist von Oberösterreich nach Dänemark! Aber das bekommen wir auch noch hin.

Der Tag selbst verging trotz der 4.500 ft. auf und ab wie im Flug, und um 18:30 Uhr hatten Shiloh und ich unser Tagesziel erreicht, wir campen bei Meile 2016 mit herrlicher Sicht auf Mount Jefferson – aber es ist ein bisschen windig hier. Als wir uns gerade von Mama Lion und Sohnemann Emerson verabschieden wollten, die noch etwas weiter laufen, kam uns die junge Hikerin „Poptart“ entgegen, die versucht gerade den Speedrekord für Southbounder zu brechen – bis hierher brauchte sie gerade mal 16 Tage!! 

I’m too old for that shit ?

Tag 113

Nach einer stürmischen Nacht auf dem Plateau  gabs einen wunderschönen Sonnenaufgang mit Aussicht auf Mount Jefferson – priceless. Der Trail heute war ziemlich Jo-Jo,3800 ft hoch und über 5000 ft runter, und am Abend waren wir beim Olallie Lake und blickten zurück auf die andere Seite vom Mount Jefferson. Ist schon irre, wie weit man an einem Tag kommt, obwohl der Trail nicht ja gerade "gerade" verläuft. Der Shop am See ist etwas „altbacken“, ohne Strom und etwas teuer, aber man darf nicht großartig wählerisch sein direkt am PCT.

Wir campen ein bisschen außerhalb des Olallie Lake Ressorts (Meile 2043), dort war uns zuviel los – einige der Hiker, die wir heute und die letzten Tage getroffen haben (He-Man, Maverick, Sunshine, Cherry & Coke, Woodchuck, Pocketsand, Scarface) übernachten dort, das kann dann etwas unruhig werden – und wir brauchen ja schließlich unseren Schönheitsschlaf!

Von nun an wird Mount Hood unser ständiger Begleiter sein, dem nähern wir uns jetzt Tag für Tag.

Tag 114

Heute waren es wieder über 7.000 ft Höhenunterschied, aber irgendwie nicht so steil, es ging fast den ganzen Tag durch den Wald, nur einmal kurz war Mount Hood zu sehen. Wir haben heute nur wenige Hiker getroffen, ein wanderndes Schwesternpaar aus Portland und „Salsa“ und seine Frau „Turbosnail“ aus Oklahoma. Kurz vor Ende unseres Wandertags kam uns ein Sobo entgegen und berichtete uns von Trailmagic in 3 Meilen Entfernung. Was die magischen Worte „hot dogs and beer“ doch bewirken können – in null Komma nix spulten wir diese 3 Meilen herunter .... und kamen 5 Minuten zu spät. Der Trailangel hatte um 17:00 Uhr seine Sachen gepackt und hatte sich im wahrsten Sinne des Wortes aus dem Staub gemacht. Schade. Er hätte heute zwei richtig nette Hiker kennenlernen können …

So schöpften wir, wie ursprünglich geplant, nochmal frisches Wasser aus einem Bach und campen bei Meile 273. Das war ein anstrengender 29,8 Meilen Tag, aber dafür sind es morgen „nur“ 21 Meilen zur berühmten „Timberline Lodge“ … und ein paar 1000 ft bergauf ….

Tag 115

Die Nacht am Timothy Lake war angenehm temperiert und verlief ohne besondere Vorkomnisse. Die Tage werden kürzer und so starten wir nun um kurz vor 6:00 Uhr … vor einigen Monaten noch um 5:00 Uhr! Wie seit Tagen schlängelt sich der PCT fast ausnahmslos durch Wälder, da ist es angenehm zu laufen und man kommt schneller voran. Während unserer Frühstückspause kamen zwei Jäger auf Elchjagd vorbei, bewaffnet mit je einer Präzisionsarmbrust. Es sei gerade Saison, meinten sie. Eine gute halbe Stunde später brach dann ca. 30 Meter vor mir eine riesige Elchkuh ziemlich lautstark durch’s Gebüsch, verharrte kurz auf dem Weg und verschwand wieder im Dickicht. Ihr Glück, dass wir schon gefrühstückt hatten …

Wir machten bis Mittag über 16 Meilen und standen dann vor zwei Dingen – dem Highway 35 und der Frage „Laufen und kein Buffet in der Timberline Lodge – oder hitchen und Buffet in der Timberline Lodge“?

OK – wir sind also am Highway gestanden, da kam dieser junge Vater mit seinem Sohn aus dem Parkplatz gefahren und hat uns die Fahrt hoch zur Lodge quasi aufgedrängt. Wir wollten ja nicht unhöflich sein …. ehrlich – so war das. Wir haben den PCT, uns selbst und Flowerman also erneut um 5 Meilen betrogen … aber damit kann ich gut leben! 

Das Lunch Buffet (all you can eat für 20 $) war schon im vollen Gange, aber es reichte locker noch für 3 Teller mit Fleisch und Beilagen und 2 Teller Desert … also bei mir,. Shiloh und Coach hatten wohl etwas weniger. Rindersteaks, Schweinesteaks, Nudelsalat, Kartoffelsalat, Reis, gebratenes Gemüse …. alles vom Feinsten und Lecker. Wie Shiloh immer sagt „Alles Essen, das du nicht im Rucksack tragen muss, ist gutes Essen“. Danach noch ein kurzer Rundgang durch das imposante Gebäude, ein Hotelkomplex aus den 1930ern mit viel verbautem Holz und Naturstein. 1982 wurden hier die Außenaufnahmen zu der Stephen King Verfilmung von „The Shining“ mit Jack Nicholson gedreht … daher kannte ich die Timberline Lodge und deshalb (und wegen des sagenumwobenen Buffets) stand sie auch auf meiner „to see“ Liste.

Um 15:30 Uhr verabschiedeten wir uns vom Mount Hood und liefen noch 9 Meilen ins Tal bis zum Sandy River. Zelt aufgebaut und fertig … komisch, irgendwie hab ich gar keinen Hunger – ich ess wohl nur ’ne Packung Skittles. Mahlzeit und gute Nacht!