Tag 102

Gegen 5:00 Uhr wurden wir von kanadischen Gänsen geweckt, deren Geschrei über den ganzen See hallte – egal, war eh unsere Zeit. Nach Zwei Stunden auf dem Trail hatten wir dann Wes und Staci wieder eingeholt, die gestern 1-2 Meilen weiter gelaufen waren. Ein Sobo erzählte uns, dass es einige Meilen weiter in einer Schutzhütte (wo auch das nächste Wasser auf uns wartete) Trailmagic gegeben hatte – aber er habe die letzte Flasche Gatorade erwischt … Mist, wohl kein Glück diesmal.

Als wir die Hütte erreichten um Wasser zu filtern, waren da schon 6-7 andere Hiker und saßen im Schatten. Wir pumpten Wasser aus einer Bodenpumpe, filterten es und gingen wieder zurück auf den Trail. Auf halbem Weg zwischen Hütte und Trail kam uns eine ältere Dame mit zwei Hunden entgegen und meinte, wir sollten doch noch etwas warten, gleich gebe es Snacks, Obst und kaltes Bier!

Kurz darauf kam dann auch ihr Mann mit zwei Hikern, die Kühlboxen voll mit Snacks und Getränken brachten …. das Glück der Tüchtigen war wieder mal auf unserer Seite. „Fortune favours the brave“.

Danach ging es noch 5 Meilen durch felsiges Gelände (vulkanisch??) bevor wir nach insgesamt 26.6 Meilen unsere Zelte direkt neben dem Trail aufschlugen. Wes und Staci sind wieder ein paar Meilen weiter – die werden wir bestimmt morgen wieder einholen.

(18:34 Uhr, Meile 1768)

Tag 101

Um 6:00 Uhr holte uns ein Taxi am Motel ab und fuhr uns mit Wes und Staci zum Trailhead. Ich hatte in Ashland auf Facebook in der "PCT Class of 2016" ein Bild meiner Regenjacke gepostet, mit dem Hinweis wo ungefähr ich sie verloren hatte - und dass es eine Pizza und Bier als Belohnung für den Finder gibt. Als wir zwei Stunden später gerade am frühstücken am Wegesrand waren, kam ein junger Hiker ("threesixty") auf mich zu und fragte mich, ob ich „Ireland“ sei, er hätte meine Regenjacke! Er hatte sie in Seiad Valley in der Hikerbox* gefunden, sie ist mir wohl vor dem Café aus dem Rucksack gefallen, als ich das frisch gekaufte Essen einpackte. DAS ist Trailmagic!

An diesem Tag liefen uns mehr und mehr Southbounder über den Weg – insgesamt sollen dieses Jahr so an die 150 von Kanada nach Mexico unterwegs sein.

Wir trafen unterwegs „Dirty Gil“ aus Florida wieder und „Sweep“ aus Seattle. Gecampt haben wir im „Horse Camp“ am Hyatt Lake, einem Campingplatz für Reiter – jeder Plstz inklusive Umzäunung für die Pferde, Picknicktisch und Feuerstelle …. Shiloh und ich waren aber die einzigen Gäste an diesem Abend.

* Hikerbox: eine oder mehrere Schachteln in Unterkünften, Geschäften oder Lokalen an Trail, in die Hiker Dinge für andere Hiker legen, die sie nicht oder nicht mehr benötigen. Zum Beispiel Kleidung, Lebensmittel, Landkarten, Ausrüstungsgegenstände.

Tag 100

Der Jubiläumstag – ein Faulenzertag. Zunächst stattete ich dem benachbarten Barbershop ein Besuch ab um mein Haar zu bändigen („buzzcut“). Danach packten Shiloh und ich jeweils zwei Fresspakete, um sie einhundert bzw. zweihundert Meilen vorauszuschicken. Die Post hatte am Samstag – irgendwie schaffen wir es immer, am Wochenende in eine Stadt zu kommen – geschlossen, deshalb verschickten wir die Pakete von einem UPS-Shop aus. Danach speisten wir mit Wes und Staci, wobei ich nur eine Toskanische Tomatensuppe hatte, weil ich am Vormittag schon ein Baguette mit Käse und Schinken genascht hatte.
Am Abend war Olympia im TV angesagt – und Rucksack packen … mit der Verpflegung für 4 Tage wiegt das Ding wieder fast 20 kg.

Tag 99

Ich hatte mir den Wecker auf 2:00 Uhr gestellt, um den Meteroritenschauer zu verfolgen und es hat sich gelohnt: in dem von mir einsehbaren Bereich des Sternenhimmels sah ich in knapp einer Stunde über 25 Meteoriten aufblitzen und verglühen. Rasend schnell zogen sie hell leuchtend in kurzen Bahnen durch den Nachthimmel. Gigantisch.
Am Morgen ging es dann knapp 5 Meilen zu "Callahans Lodge", einem Hotel/Restaurant an der Interstate 5, 11 Meilen vor Ashland. Kurz vor dem Ziel erreichte mich eine Text-Nachricht von Wes & Staci, die fragten wo wir seien – sie wären wieder auf dem Trail, ca. 2 Meilen nördlich von Callahans ….

Die beiden hatten eine Sektion übersprungen und hatten 2 Tage in Ashland verbracht. Nach einigen Textnachrichten kündigten die beiden an umzukehren und uns in der Lodge zu treffen – schließlich sei es schon eine Ewigkeit her, dass wir uns gesehen hätten! Gesagt, getan – eine knappe Stunde später saßen wir zusammen mit "Babba" bei einem leckeren Frühstück.

Wes und Staci schlossen sich uns an um noch zwei Tage in Ashland zu verbringen (evtl. ziehen sie nach dem PCT sogar hierher) – und als dann Legend und Raven auch noch in der Lodge auftauchten und uns allen einen Hitch nach Ashland anboten, war alles perfekt! 

Shilo und ich bezogen Quartier im Ashland Motel, kauften Lebensmittel ein und besorgten Versandkartons um am Samstag ein paar Versorgungspakete vorauszuschicken, da es in Oregon und Washington nicht soviele Möglichkeiten gibt, direkt am Trail einzukaufen. Oft gibt es da nur Tankstellen oder Campingplätze mit einer kleinen Auswahl an Lebensmitteln.

Abends trafen wir uns mit Wes und Staci in einem Lokal zum Dinner bei BBQ und Bier.

Mist – habe im Motel festgestellt, dass ich den letzten Tagen irgendwo meine tolle Regenjacke verloren habe … so langsam geht mir echt die Ausrüstung aus …. schwacher Trost: dafür wird der Rucksack leichter !